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// 14.September 2020 // Kabwe – Lower Zambezi

Gerade sitze ich in Heinrich und verstecke ich hinter meinem Ventilator vor der Mittagshitze im South Luangwa. Seit ich wieder in Zambia bin ist so viel geschehen, das ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Noch zuhause war ich nicht sicher, ob alles mit der Einreise klappen würde. Während Corona ändern sich die Regeln fast täglich. Es hat aber alles wie am Schnürchen geklappt. Das Vorabvisum von der Botschaft in Berlin und ein negativer Corona-Test, nicht älter als 2 Wochen, öffneten das Tor nach Afrika problemlos. Ich reiste zusammen mit Gabi an, die für ein halbes Jahr als ehrenamtliche Sozialarbeiterin in Kabwe bleiben wird, und dort unter anderem im Frauenhaus und einer Schule hilft.

Wir wohnen beide in Burkarts Luangwa Safari Lodge in Kabwe, wo auch Heinrich geparkt war. Von dieser Basis aus war es einfach, die abgelaufenen Papiere für Versicherung und Karbonsteuer zu erneuern und einige Reparaturen durchzuführen. Endlich konnte der lecke Zusatztank geflickt und mit einem extra Schild gegen Steine und Wurzeln versehen werden. Batterien wurden getestet, Frischwasser aufgefüllt, Öl, Luftfilter, Kühlerwasser und Scheibenwasser gecheckt, Funkgeräte, Akkus und Satellitentelefon geladen. Zum Schluß gelang es mir sogar noch einen defekten Gas-Druckminderer zu reparieren.

Wir besuchten das Frauenhaus und den Neubau einer Schule, den Burkart organisiert, und besuchten Burkarts Bruder auf seiner Farm. Die Abende vergingen wie im Flug bei tollen Gesprächen mit Gabi. An einem Abend kamen zwei junge Frauen zu Besuch und ich hatte Gelegenheit, mich etwas mit einer der Zwillinge zu unterhalten. Ich war erstaunt und bestürzt, dass die beiden noch nichts außer Kabwe und Lusaka von ihrem Land gesehen haben. Keinen Elefanten, keine Giraffe – nichts. Ich, der Tourist aus Deutschland, kenne Zambia viel besser, als die meisten Einheimischen. Unfassbar und traurig.

Am Mittwoch, den 09.09. brachen Burkart und ich mit zwei Autos zu einer Tour ins Lower Zambezi auf. Schon unterwegs entschlossen sich spontan noch zwei Bekannte von Burkart die Chance beim Schopf zu packen und mitzukommen. Von Shingela aus fuhren wir in den Bush und passierten die unbesetzte Schranke zum Nationalpark. Etwa 20 Kilometer später stoppte uns ein Ranger, der uns nachgefahren war und brachte uns zurück zum Checkpoint. Zuerst war er etwas säuerlich, weil er uns für Wilderer hielt. Heinrich sähe ziemlich militärisch aus und wir könnten froh sein, dass niemand auf uns geschossen hat. Das legte sich aber schnell, als er merkte, dass wir nur Touristen sind und bereit sind das Permit zu bezahlen. Am Gate wurde uns mitgeteilt, dass der Trail zum Lower Zambesi nicht passierbar wäre und wir sowieso von Süden hineinfahren müßten. Schließlich konnten wir sie aber überzeugen, dass unsere Autos das schaffen werden, oder wir notfalls umkehren würden.

Der anfangs gute Weg wurde zu einem dicht, mit hohem Gras bewachsenen Trail. Dann mussten wir mitten durch ein Bushfeuer. Wir waren froh, beide Diesel und kein Benzin in den Tanks zu haben … Der Weg wurde unterdessen immer steiler und felsiger. Heinrich meisterte das mit Leichtigkeit, der etwas niedrigere Ford setzte zwei Mal auf. Dafür war mir bei einigen Schräglagen nicht ganz wohl, als sich Neigungen von bis zu 18 Grad zur Seite nicht vermeiden ließen. Ab 23 Grad wird es kritisch. Bodenfreiheit hat nicht nur Vorteile.

Unser erstes Camp schlugen wir im Nirgendwo der Berge, mit Sicht auf das Zambesi-Tal auf. Burkart und die Mädels sammelten Feuerholz und ich war mit Kochen an der Reihe. Nachdem es in Kabwe kein Gas mehr gab, mussten wir auf einem traditionellen Mbaula mit Holzkohle kochen. So ein Teil findet man hier in jedem Haushalt. Wir genossen den milden Abend und blieben auch von Tsetse-Fliegen verschont.

Der kommende Tag hielt neue Herausforderungen für uns bereit. Auf dem abenteuerlichen Trail versperrten uns, von Elefanten umgerissene Bäume den Weg. Manchmal konnten wir sie einfach wegbiegen, ein anderes Mal mussten wir einen Spanngurt zur Hilfe nehmen und zwei Mal half nur noch die Säge. Die Stämme sind zwar nicht besonders dick, aber das Holz ist verdammt hart und es ist eine schweißtreibende Arbeit sie zu durchsägen. Leider habe ich unterwegs einen tiefhängenden, starken Ast nicht gesehen und mir damit den rechten Scheinwerferschutz zerdeppert. Das Miststück hat sich dann auch noch eine kleine Schramme an Heinrich hinterlassen und sich unter die Motorhaube geklemmt. Gut, dass ich noch eine Ersatzblende dabei hatte. Bei so einer Tour bleiben Schrammen und Beulen eben nicht aus. Am Zambesi angekommen besuchten wir erst die Ruinen des Jagdlagers Kaundas (ehemaliger Staatschef Zambias), wo er internationale Gäste wie Tito oder Honecker empfing und anschließend eine Nobel-Lodge. 1400 $ / Nacht / Person all incl.!! Nachdem es keine Gäste gab (Corona) durften wir mit dem Manager die luxuriöse Anlage und eines der Zelte ansehen. In dieser Region wimmelt es von wilden Tieren. Büffel, Wasserböcke, Nilpferde, Elefanten, Löwen – alles was man sich wünscht. Wir hatten das Glück, auch einen Elefanten beobachten zu können, wie er sich auf die Hinterfüße stellt, um mit seinem Rüssel an die frischen Blätter eines Baumes zu gelangen. Das haben einige Elefanten ausschliesslich in dieser Region gelernt und sonst nirgendwo.

Durch die Lodge führt auch der einzige Weg auf eine große Insel, die während der Regenzeit manchmal komplett überflutet wird. Über zwei wackelige Baumstammbrücken fuhren wir in das kleine Paradies und schlugen dort unser Lager für die Nacht auf. Am Abend nahm uns Burkard auf die Ladefläche seines Pickups und wir fuhren wegelos auf Gamedrive. Hier verbietet einem niemand auszusteigen, oder auf der Ladefläche zu sitzen, wie in den Parks Südafrikas. Hier ist man völlig frei und für sich selber verantwortlich. Ein tolles Gefühl, in der Abenddämmerung durch den Bush zu fahren, wenn die tiefstehende Sonne durch die lichten Bäume strahlt und sich im Wasser des Flusses spiegelt! War irgendwie klar, dass Mukay und Grace für einige Fotos posieren wollten, die ich ihnen schicken soll. Es wurden viele…😊

Darüber wurde es spät und in dem weglosen Labyrinth von Flußarmen haben wir uns etwas verfranzt. Burkart wurde leicht nervös, weil es schon fast dunkel war und hat dabei eine fette Wurzel übersehen. Es gab einen harten Schlag und danach fuhr der Ford nur noch im Notlauf, also im dritten Gang. Nicht gut. Also lief ich mit der Taschenlampe voraus und suchte einen Weg zum Fluß und dann nach Westen. Wir hatten Glück, wir waren nur wenige hundert Meter falsch. Uns fiel ein Stein vom Herzen, denn hier ist eine Übernachtung ohne Zelt und Trinkwasser nicht so toll. Während wir uns eiskalten Gin Tonic mit Eiswürfeln (!) gönnten, kochten uns die Mädels ein köstliches Abendmahl mit Huhn, Gemüse und Reis. Wir verbrachten eine herrliche Nacht am Lagerfeuer mit dem Konzert der Flusspferde und Frösche.

Dieser Morgen musste ohne Dusche beginnen, weil nicht alle von uns sparsam mit dem Wasser waren. Wir hatten tatsächlich fast 200 Liter Frischwasser in 2 Tagen verbraucht und mein Tank war fast leer. Für Kaffee reichte es Gott sei Dank noch. Wir machten uns an die Fehlersuche am Ford und fanden einen beschädigten Kabelbaum am Unterboden. Da zahlte sich mein Werkzeug, Schrumpfschläuche etc aus und wir konnten die 4 durchtrennten Kabel fachgerecht flicken. Das Auto lief wieder. Weil wir schon dabei waren spannten wir noch den Keilriemen meiner Klimaanlage nach, die etwas gejammert hatte. Alles war wieder bereit zur Abfahrt.

Also zurück über die morschen Brücken zur Lodge, in der Hoffnung Frischwasser tanken zu können. Nix wars. Keine Gäste, dann läuft auch die Aufbereitungsanlage nicht. Auf dem weiteren Weg ließen wir uns Zeit und besuchten noch eine weitere Lodge, wo Burkart sich ausgiebig mit dem Manager austauschte. Danach ging es durch vielfältige Bushlandschaften, Grasebenen und von der Trockenheit aufgerissene Erde, vorbei an jeder Menge Elefanten, Zebras und Gazellen, zum Ausgang des Parks, wo wir gerade noch rechtzeitig vor Torschluß um 18.00 Uhr ankamen. Hier mussten wir noch unsere Parkfees bezahlen, was für mich genauso viel kostete wie für die drei Residents zusammen. Ca 50€ sind aber immer noch sehr in Ordnung. Seit der Kwatscha im Verhältnis zum Euro stark gefallen ist ( Corona ) ist das Leben und Reisen hier sehr günstig. Sogar der Diesel kostet nur ca 70 Cent/Liter. 

Unser letztes Camp schlugen wir nir wenige Meter hinter der Parkgrenze an den Chongwe Falls auf. Der Fluß führt zu dieser Jahreszeit zwar kein Wasser, aber in dem kleinen See unterhalb der Fälle haust ein fettes Krokodil, das auf Beute lauert. Leider haben wir es nicht zu Gesicht bekommen. Dafür bekamen wir Besuch von Wildhütern, die uns darauf hinwiesen, dass wir auf Privatgrund campieren. Gut, dass Burkart einen der Männer von vorherigen Touren kannte und so durften wir ohne Probleme bleiben. Unser Camp ist wunderschön unter einem riesigen Baum gelegen und Feuerholz liegt in Mengen herum. Wir kochten gemeinsam ein letztes opulentes Abendessen und gingen recht frühzeitig schlafen. Wir waren alle etwas ko.

Gut, dass niemand wusste, dass noch 10 Liter Wasserreserve im Boiler waren, sonst hätten wir keinen Kaffee zum Frühstück gehabt. Weltuntergang! Somit war auch der Morgen gerettet und wir hatten nur noch etwa 6 Stunden Weg über die legendäre Leopard-Hill-Road vor uns. Die Strecke hat ein paar kleinere Hürden, aber ist bei weitem nicht so schwer zu befahren, wie in einschlägigen Reiseführern beschrieben. Die Dornen in Burkarts Vorderreifen machten sich jedoch bemerkbar und wir mussten ein paar mal Luft nachfüllen. An der Kreuzung in Mulalika war es dann soweit. Der Reifen bliess ab. Schnell das Reparaturzeug raus und innerhalb 5 Minuten war der Reifen, noch am Auto geflickt und wieder aufgepumpt. Wenn man es  schon mal gemacht hat, geht es halt fix. Hier verabschiedeten wir uns und Burkart fuhr mit den Mädels weiter nach Lusaka und ich Richtung South Luangwa auf der Great Eastern Road. Das war ein super Trip mit tollen Leuten. Ohne Burkart wäre das nicht möglich gewesen. Vielen Dank an dieser Stelle! Auch an unsere Zambischen Mädels vielen Dank für tolle Gespräche, tatkräftige Hilfe, super Essen und einfach sehr sympathische Gesellschaft! Ich habe viel über Zambia gelernt.

Mein Weg führte mich nicht mehr besonders weit. Nach ca 2 Stunden war ich bereits an meinem Ziel, den Chongwe HotSprings. Hier durfte ich für 8 Kwatcha ( ca 40 Cent ) übernachten und die heiße Quelle besuchen. Die Quelle ist richtig heiß. Man muss aufpassen, dass man sich nicht verbrüht. Ansonsten ist es kein wirkliches Highlight. Dagegen war es meinen abendliche Unterhaltung mite dem Caretaker schon. Mundia ist ein junger Mann mit erstaunlichem Intellekt und Wissensdurst. Obwohl er nur die örtliche Schule besuchen konnte, führten wir philosophische Gespräche, wie ich sie zuhause selten genießen darf. Er sprüht vor Ideen und denkt so unabhängig und selbständig wie wenige Menschen die ich bisher getroffen habe. Ein echt klasse Typ, der sicher seinen Weg machen wird. Wir werden in Kontakt bleiben.

Der Sonntag war ein reiner Streckentag. Schnell eine Thermoskanne voll Tee kochen und 500 Kilometer über die Great Eastern bis Chipata. Vorbei an unzähligen Unfällen, liegengebliebenen LKWs und ausgebrannten Fahrzeugwracks ging es durch die bergige Bushlandschaft. In Chipata hoffte ich noch mein Gas auffüllen zu können, aber es war Sonntag. Der Laden, kaum zu finden, in einer Sackgasse gelegen, war geschlossen. Aber ich hatte mal wieder Glück, weil gerade der Chef auf seinem Moped herantuckerte, und auf meine Bitte hin, tatsächlich aufsperrte und meine Kartusche für 2 Euro füllte. Happy fuhr ich noch die zwei Stündchen (130 km) bis zum Wild Life Camp, direkt an der Grenze zum South Luangwa NP. Das beste Camp am Platz, ohne Zäune, mit häufigen Besuchen von Elefanten und Antilopen. Als einziger Gast hatte ich frei Auswahl und besetzte einen Platz mit bester Sicht über den breiten Fluß. Bierchen aus der Kühlbox, Feuer an und nur noch Seele baumeln lassen, bis ich müde genug war um das Bett aufzusuchen.

Nun habe ich einen Tag mit dem vollen Luxus eines guten Camps verbracht. Stromanschluß um wieder alle Geräte zu laden und die Kühlbox auch ohne zu fahren durchgehend am Laufen zu halten, Wasser zum Waschen, Dusche, zwischendurch ein Bad im kleinen Pool mit Aussicht auf den Fluß. Und natürlich Zeit um diesen viel zu langen Beitrag zu verfassen und die Bilder auszusuchen. Mittlerweile ist es schon wieder finster und ich sitze bei dieser letzten Zeile bereits vor einem knisternden Feuer.

6 Replies to “Zambia Teil 4”

  1. Hey Wredo, super Reisebericht, und macht gleich tierisch Lust zum Mitkommen und Mitentdecken! Geniess es weiter, Gruss aus der späthochsommerlichen Schweiz, aber auf dem Sprung an die Algarve zum hiken und relaxen. L G Markus

  2. Lieber Wredo, es freut mich, dass du Afrika in vollen Zuegen geniesst! Ausser dir hat keiner meiner Bekannten sich locken lassen, das Geschwaetz der Covidpaepste beiseite geschoben, fuer die meisten ist Afrika “high risk”!
    Nun, Angsthasen reisen wohl erst in 2021, ich wuensche dir noch viele einmalige Erlebnisse, nutze die Gunst der Stunde!
    Liebe Gruesse aus Lilongwe

    1. Hi Stella, vielen Dank! Ja, ich genieße es tatsächlich. Ohne andere Touristen bekommt man auch viel mehr Kontakt zu den Einheimischen und erfährt viel über ihre Lebensweise. Mache mich morgen auf den Weg durch den Selous NP und dann weiter nach Kilwa. Vielleicht kannst Du ja auch bald wieder reisen und wir treffen uns mal im Norden von Tansania. Herzliche Grüße!

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