// 29.09.2020 // Kapishya – Ruaha NP – Udzungwa Mountains – Morogoro
So. 20.09.20
Die knapp 300 Km von Kapishya bis Nakonde, an der Grenze zu Tansania waren eine einzige Baustelle. Nervenaufreibend. Die zig Kilometer langen Umfahrungen auf verdichtetem Schutt rütteln einem die Grütze aus der Birne. In der Grenzstadt fand ich jedoch eine Lodge, wo ich herzlich willkommen geheißen wurde und mir ausnahmsweise mal ein Zimmer gönnte. 10€ für ein riesiges Bett, eigenes Bad, TV und sogar Klimaanlage sind doch ein Schnäppchen. Die Geschäftsführerin und ihr Bruder hatten wohl Mitleid und erboten sich Heinrich zu waschen. Derweil fiel mir auf, dass das rechte Hinterrad Luft verloren hatte. Ich hatte zwar überhaupt keine Lust dazu, wollte aber morgen früh raus und über die Grenze. Also Auto hochwuchten, Rad abmontieren und mit dem Wasserschlauch nach Bläschen suchen. Der Übeltäter, ein spitzes Steinchen, war schnell gefunden, der Pfropfen gesetzt, und das Rad wieder montiert. Belohnt wurde ich mit einem hervorragenden lokalen Essen aus gegrilltem Hühnchen mit Gemüse, scharfer Soße und Shima, Klopsen aus Maismehl. Das Ganze wurde natürlich ohne Besteck serviert, weil man hier mit den Fingern ist, wodurch man das Mahl auch haptisch erlebt. In der Bar tobte noch das Leben, bis ein Spiel der Englischen Liga zu Ende war, dann wurde es ruhig und auch das einzige Weißbrot auf dem Gelände ging schlafen.
Mo. 21.09.20
Etwas unruhig, ob mein abgelaufenes Carnet (Corona) akzeptiert werden würde und ob es neue Auflagen in Sachen Corona geben würde, begab ich mich zur Grenze. Gegen meinen Usus nahm ich mir diesmal einen Schlepper, den ich von 20 auf fünf Dollar herunterhandelte und schon ging es los. Das Carnet wurde ohne Beanstandung ausgestempelt (Puhh!), dann zur Passkontrolle Zambia, weiter zur Passkontrolle Tansania, Corona-Test ( bestehend aus ein paar Fragen auf einem Formular für 10 Dollar), Visum beantragen, Visum bezahlen, Pass abstempeln lassen. Derweil ließ ich mir eine Versicherung für Heinrich auf 2 Monate besorgen. Dann Geld wechseln, weil nur in Shilling bezahlt werden konnte (dazu musste ich über die Grenze und wieder zurück – hat niemanden gejuckt), neues Carnet einstempeln lassen, Straßensteuer bezahlen, lokale Gebühr bezahlen, Endkontrolle – und endlich in Tansania. Hier noch schnell eine SIM-Karte und Guthaben besorgt und nach 3,5 Stunden und um 200 Dollar ärmer war ich „schon“ fertig zur Weiterfahrt.
Das Autofahren in Tansania ist anders als in allen anderen afrikanischen Staaten bisher. Auf einen Speedbump folgt ein Roadblock mit Kontrolle, darauf eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 kmh (auch wenn da nur zwei Hütten stehen), und alle 10 Kilometer einen Radarfalle. Die ewig durchgezogenen Mittellinien machen es einem, besonders als Linkslenker, nicht einfacher, die mit 30kmh dahinröchelnden Stinkertrucks, die schwarze Wolken austoßen wie ein Damproß, zu überholen. Wenn man hier keine Geduld im Straßenverkehr lernt, dann nimmermehr. Zwischendurch ging es auch durch eine größere Stadt, wo Dreiradtaxis wie wütende Wespen lebensmüde durch den Verkehr steuerten. Gut dass Heinrich ein imposantes Fahrzeug ist und ihnen etwas Respekt abnötigte. Nach gut fünf Stunden und 180 Kilometern bog ich von der großen Strasse ab und fuhr noch 20 Minuten in die Berge, wo ich ein tolles Communitycamp an einem klaren Bergbach ganz für mich alleine vorfand. Der Caretaker verlangte ca 4 Euro für die Nacht inklusive Feuerholz. Wenn da nicht eine WC-Hütte wäre, würde niemand auf die Idee kommen, dass hier ein Camp ist.
Das Wasser war klar und ohne Crocs und Hippos, so dass ich mal wieder meine verdreckten Hosen waschen konnte. Zwei Tage im Bush, und man sieht aus wie ein Bergmann nach der Schicht im Kohlebergwerk. Nach einem lekker Gin Tonic war auch die Glut soweit, dass ich mein eingeschmuggeltes DIN A 4 Steak bruzzeln konnte. Oaach hat das heute geschmeckt! Den Rest habe ich mir als Wegzehrung für morgen in Streifen geschnitten. Fast wie Biltong.
Di. 22.09.20
Auf dem Weg zum Ruaha NP wurde ich wie erwartet gestoppt und der Geschwindigkeitsübertretung bezichtigt. 57 km/h, als sieben zuviel sollten es gewesen sein. Kann gar nicht sein dachte ich mir, blieb aber höflich und besonders respektvoll. Erstaunlicher Weise kam ich mit einer Verwarnung ohne Strafe davon. Sollte ich doch einen Augenblick unachtsam gewesen sein, oder war ich nur demütig genug? Am Nachmittag erreichte ich endlich das Chogela Safari Camp. Mal wieder der einzige Gast. Die Jungs machten sofort Wasser auf dem Feuer heiß und stemmten die Kübel warmen Wassers eine Leiter hinauf, um sie in das Reservoir der Dusche zu gießen. So geht warme Dusche in Tansania! Auch Feuerholz wurde rechtzeitig zur Dämmerung herangeschafft und der Bush-TV eingeschaltet.
Mi. 23.09.20
Bis zum Nationalpark-Gate war es nicht mehr weit und so stand ich Punkt sechs Uhr am Tor. Die Mitarbeiter, noch nicht richtig wach, aber sehr hilfsbereit, sagten mir, ich müsse mein Permit in der Hauptverwaltung holen, da sie einen Stromausfall hätten. Zur besten Safarizeit noch den Umweg zur Hauptverwaltung fahren zu müssen war schon ärgerlich. Dort war der Zuständige Ranger leider noch nicht da und so vergeudete ich noch eine halbe Stunde. Als ich das Permit endlich bekam zog es mir die Schuhe aus. 251 US Dollar für 24 Stunden im Park inklusive einer Übernachtung im Public Camp. Davon 180 Dollar für das ausländische Auto. In meinen Augen ist das Diskriminierung und Abzocke. Ich habe das auch deutlichst in das Kommentarbuch des Parks geschrieben und die Ranger versprachen es auch ihrem Chef vorzutragen. Der Ruaha NP ist landschaftlich sehr interessant. Überall große, knorrige Baobabs, der Great Ruaha Fluß windet sich ungebändigt durch die Savannenlandschaft, die nach Norden hin erst sanft, dann steiler ansteigt. Der Wildbestand ist besonders in Flußnähe vielfältig und gesund. Man sieht Krokodile, Flußpferde, Büffel, Zebras, große und kleine Kudus, Giraffen, Elefanten und sogar Wildhunde. Auch Geparden, Leoparden und Löwen sind vertreten. Also ein prima Park. Wäre da nicht der horrende Preis von 250 Dollar/Tag und das miserable Camp Mdonya. Zu den funktionsuntüchtigen Sanitäranlagen musste man sich durch Gestrüpp kämpfen und der Boden war mit stacheligem Klettengras überwuchert, das sich bei jedem Schritt in die Schuhsohlen bohrt und sich in Hosen und Socken festhängt. Das Zeug kriegt man tagelang nicht mehr aus dem Auto und tritt ständig in die verf… Dornen. Das komplette Programm bekommt man mit anständigem Bushcamp in Zambia für ein Viertel. Wahrscheinlich war bei dem riesigen Ansturm von Besuchern keine Zeit, das Camp auf vordermann zu bringen. In dem Park mit der Größe Dänemarks hielt sich außer mir noch ein Schweizer Paar auf.
Do. 24.09.20
Ich war also ziemlich angefressen, als ich mit Sonnenaufgang zum Parkausgang fuhr, um nicht noch einen Tag bezahlen zu müssen. Ich überlegte mir ernsthaft, ob ich Tansania nicht wieder verlassen sollte. Diese permanente Abzocke werde ich jedenfalls nicht mitmachen.
Mein nächstes Ziel war das Crocodile Camp am Eingang zum Udzungwa Mountains NP. Wie gewohnt war ich auch hier einziger Gast und wurde von der Besitzerin Jennifer herzlich empfangen. Das Camp liegt direkt am Ruahafluß und bietet alles, was man sich als Reisende wünscht. Gleich für den nächsten Tag verabredete ich mich mit einigen von Jennifers Mitarbeitern zu einer Wanderung in die Berge.
Fr. 25.09.20
Ich packte mir sicherheitshalber 1 Liter mehr als die empfohlene 1,5 Literflasche Wasser ein, auch wenn wir nur 5-6 Stunden unterwegs sein wollten. Wir gingen nicht in den NP sondern schlugen uns auf der anderen Seite des Flusses unseren Weg durch das mannshohe, strohige Gras das zwischen den majestätischen Baobabs wucherte. Der Pfad war seit Monaten nicht genutzt worden, da es keine Gäste gab. Der Aufstieg war keine Herausforderung, aber es war super anstrengend sich ständig unter Ästen und durch Dornen hindurchwinden zu müssen und in teils ausgetrockneten Bachläufen von Stein zu Stein zu springen. In den Bergen stießen wir auf abgelegene Höfe, Lehmhütten mit Strohdach und Koben aus Dornengestrüpp. Das T-Shirt schmutzig und zerrissen, zwei verschiedene, halb verschlissene Badelatschen an den Füßen, eine abgewetzte Machete in der Hand, aber ein Lächeln im Gesicht als ginge die Sonne auf, wurden wir von einem älteren Mann begrüßt. Die Bauern hier sind Selbstversorger und leben in ärmlichsten Verhältnissen. Wir wanderten auf der höhe noch ein paar Kilometer bis zum Basecamp, wo wir auch Mittagspause hielten. Ich hatte für die ca 10 Kilometer gerade mal einen Liter Wasser gebraucht. Da musste ich ja nicht mehr haushalten. Der Weg zurück war ein riesen Spaß. Wir kürzten bergabwärts ab und kletterten jeden trockenen Wasserfall hinunter anstatt ihn zu umgehen wie beim Aufstieg. Irgendwann fiel mir auf, dass wir nicht mehr direkt zum Ausgangspunkt wanderten, dachte mir aber nichts dabei. Warum nicht einen anderen Weg zurück gehen? Also immer weiter durchs Unterholz und hoppla waren wir wieder bei der ersten Bauernhütte angekommen. Wir waren einen großen Kreis von 8 Kilometern gelaufen! Wunderbar dachte ich mir, jetzt wird’s knapp mit dem Wasser, das ich mir auf 20 Kilometer eingeteilt hatte. Ab jetzt übernahm ich die Führung, weil ich den Weg mit einem Navi getrackt hatte und mich nicht mehr verlaufen wollte. Bei 35 Grad schwitzten wir alle ordentlich und weil keiner mehr Wasser hatte teilte ich meine letzte Reserve mit den Jungs. Die letzte Stunde machte mir die Dehydrierung extrem zu schaffen. Ich musste Pausen einlegen und schleppte mich mit pelzigem Mund und Blasen an den Füßen ins Camp. Fix und fertig trank ich literweise lauwarmes Wasser um meinen Kreislauf nicht noch mehr zu destabilisieren und stellte mich zur Abkühlung unter die Dusche. Knapp 30 Kilometer sind zwar nichts Besonderes, aber die Hitze und zu wenig Wasser haben mich ganz nett gebeutelt. Der Tag war gelaufen. Keinen Appetit, nur noch ins Bett.
Sa. 26.09.20
Nach ein paar Stunden Schlaf sieht die Welt schon wieder anders aus. Die Sonne kitzelt im Gesicht und der Duft von frisch gebrühtem Kaffee steigt in die Nase. Herrlich, nur in kurzer Hose, bei einem leichten Lüftchen mit Blick auf den Fluß, den sonnigen Morgen zu genießen. Der restliche Tag verflog mit Waschen und Innenreinigung des Autos. Der Staub ist überall und bis man alles gesaugt oder abgewischt hat dauert es. Am Abend hatten ich mal wieder Lust auf einen Leberkäs vom lieben Nachbarn, Metzger Liebold. Die Dose hatte (gekühlt 😉) ein MHD bis Oktober 2019. In Ermangelung eines Ofens benutzte ich wie immer meinen kleinen Potje und stellte ihn mit der geöffneten Dose auf die Glut meines Feuers. 45 Minuten und der Leberkäse ist durch und hat eine schöne Kruste. Tatsächlich war der Leberkäse auch 1 Jahr später und ungekühlt gelagert, immer noch hervorragend.
So. 27.09.20
Eigentlich war für heute Fischen vom Kanu aus geplant. Leider hatte der Fischer, bei dem ich mitfahren wollte ein familiäres Problem und die Tour fiel aus. Sehr schade, ich hatte mich sehr darauf gefreut, endlich mal etwas über das Fischen zu lernen. Dann halt mal einen Tag Lesen und bisschen Trainieren. Ja, Heinrich transportiert auch mein kleines Fitnessstudio. Eine dünne Yogamatte, ein Springseil und verschiedene Gummibänder, die man je nach gewünschtem Kraftaufwand kombinieren kann. Mit diesen kleinen und leichten Geräten lässt sich fast jeder Muskel trainieren. Und das sollte man auch regelmäßig machen, wenn man so viel im Auto sitzt und kaum Gelegenheit zum Laufen oder sonstiger Bewegung hat.
Mo. 28.09.20
Nach 4 Tagen ohne Netz im Baobab Valley verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg nach Morogoro. Die Inhaber des Mbuyuni Farm Retreat hatte ich vor zwei Jahren in Kapstadt kennen gelernt. Jetzt wollte ich sie besuchen und mir natürlich einige Tips für die weitere Reise geben lassen. Die Fahrt war wie immer langwierig, aber man gewöhnt sich auch daran. Ich wurde schon erwartet und man führte mich zu einem Cottage, das für mich reserviert war. Ich war ganz baff. So luxuriös habe ich noch nie auf dieser Reise gewohnt. Nicht mal kochen musste ich. Mittag- und Abendessen wurden auf der Terrasse serviert und der Kühlschrank ist reichlich gefüllt mit jeder Art an Getränken. Das gönne ich mir noch einen Tag, bevor ich weiterziehe.
Es macht mir unheimliches Vergnügen, deine Reiseerlebnisse zu lesen. Freu mich schon, wie es weiter geht.
Schöner Reisebericht! Ich freue mich schon auf die nächste Ettappe.