// 06.10.2020 Kibiji – Bagamoyo – Moshi – Mt Meru //
Di. 06.10.2020
Es war mal wieder Strand angesagt. Baden, Lesen und ein paar Runden am Riff entlang schnorcheln. War nicht wirklich viel zu sehen. Trotzdem schön, mal wieder unter die Wasseroberfläche zu schauen. Eigentlich will ich ja immer noch auf eine der Inseln, also Pemba oder Mafia zum Tauchen. Nachmittags kam ein Fischer vorbei und präsentierte mir seinen Fang. Ich schlug natürlich gleich zu und kaufte ihm zwei Oktopusse ab, die er an Ort und Stelle ausnahm, weich klopfte und auf einem kleinen Holzkohlekocher zubereitete. Ein Gedicht! Am Abend trafen tatsächlich noch Pete und Carolin ein. Carolin hatte mir eine Schüssel mit frischem Obstsalat mitgebracht. So lässt es sich gut aushalten!
Mi. 07.10.2020
Als ich aufwachte war ich noch nicht sicher, ob ich noch einen Tag bleiben würde, aber schon beim Kaffee stellte ich fest, dass es jetzt genug Strand war und brach auch gleich das Camp ab. Mein neues Ziel hieß Bagamoyo, die Hauptstadt der deutschen Kolonie, bevor man wegen des tieferen Hafens nach Daressalam umzog. Dar Es Salaam (Haus oder Ort des Friedens), eine sechs Millionenstadt musste ich auch passieren um nach Bagamoyo zu gelangen. 150 Kilometer Stadtgebiet im Stau standen mir bevor. Dass das Geduldsprobe wird war mir klar. Irgendwann war auch das geschafft und in Bagamoyo nahm ich mir mal wieder einen Bungalow in der Travellers Lodge, die seit fast 25 Jahren von einem deutschen Auswanderer betrieben wird. Nach einem schnellen Abendessen in der nahen Altstadt war der Tag auch schon gelaufen.
Do. 08.10.2020
Um Bagamoyo besichtigen und Fotos machen zu dürfen muss man sich ein Permit im alten Fort holen. Auf dem Weg dorthin wurde ich schon angesprochen, ob ich einen Guide brauche. Ich war erstmal skeptisch, weil Leute, die einen im Gehen ansprechen häufig einfach Gauner sind. Es stellte sich jedoch heraus, dass Gaddafi (ja, er heißt wirklich so) tatsächlich ein ausgebildeter Guide ist und über sehr fundiertes und umfangreiches Wissen verfügt. Das alte deutsche Fort war vorher eine Sklavenunterkunft, wovon noch zwei originale Türen künden. Solche Türen, indischer Herkunft findet man häufig in den alten Küstenstädten und besonders auf Sansibar. Sie sagen viel über den Besitzer des Gebäudes aus. So ist der Türstock des alten Forts mit einer geschnitzten Kette umrahmt, was bedeutet, dass der Besitzer Sklavenhändler war. Andere Ornamente zeigen zum Beispiel Ananas oder Fische, ein Zeichen der Fruchtbarkeit. Wenn der Türriegel oben angebracht ist gehört das Haus einem Mann, wenn unten, einer Frau. Über die Aussagen dieser Türen ließe sich ein seitenlanger Aufsatz schreiben. Nach Ende des WW1 wurde das Fort von den Briten als Gefängnis genutzt.
Als nächstes besuchten wir die „German Boma“, den Sitz der Verwaltung und der Deutschen Ostafrika Gesellschaft. Ein wuchtiger, burgähnlicher Bau in dem noch ein alter Tresor steht, für den man drei verschiedene Schlüssel braucht. Es heißt, er sei deshalb noch nie geöffnet worden und niemand wisse, was sich darin befindet. Weiter ging es zum Soldatenfriedhof. Hier wurden die beim Araberaufstand ermordeten Soldaten beigesetzt. Anders als beim Maji Maji Aufstand ging es hierbei nicht darum das Joch der Kolonialherren abzustreifen. Die Deutschen hatten die Sklaverei abgeschafft und damit dieses lukrative Geschäft der Araber zum Erliegen gebracht. Das passte diesen natürlich gar nicht, weshalb sie den Aufstand anzettelten, der blutig niedergeschlagen wurde. Die gefangenen Rädelsführer wurden am Galgenbaum in Bagamoyo erhängt. Bis heute war mir gar nicht richtig klar, dass die Afrikaner hauptsächlich von Arabern und verfeindeten Stämmen zu Sklaven gemacht wurden, und das schon seit Jahrhunderten, bevor die Europäer in diesen grausigen Handel eintraten. Es war wohl damals auch üblich, männliche Sklaven zu kastrieren, damit sie keine Kinder zeugen konnten und somit die Käufer immer neue Sklaven kaufen mussten. Furchtbar, was Menschen anderen Menschen antun können!
Wir besichtigten noch mehrere alte Gebäude aus der Kolonialzeit, darunter die erste gemischte Schule Afrikas, in der sowohl Afrikaner, als auch Araber und Europäer unterrichtet wurden. Allerdings nicht in gemischten Klassen, sondern in verschiedenen Stockwerken. Ein Highlight war der Fischmarkt, den wir am Nachmittag besuchten, als die Fischer ihren Fang anlandeten. Was für ein buntes Treiben! Die Meeresfrüchte wurden noch am Strand versteigert und an den Ständen die verschiedensten Fische angeboten. Da gab es Thunfisch, Papageifisch, Rotbrassen, Kingfisch, Oktopus, Garnelen, Barracuda und vieles mehr. In den Hütten und Ständen wurden auf offenen Feuerstellen mit Öl gefüllte große Pfannen erhitzt und darin der Fisch frittiert. Es rauchte fürchterlich und so wie es roch war bestimmt auch der eine oder andere ältere Fisch dabei. Hier habe ich mir das Essen verkniffen, um mir den Magen nicht zu verderben. Es wurde auch langsam Zeit zur Unterkunft zurückzukehren, weil Hafengegenden überall auf der Welt, am Abend nicht sicher sind.
Fr. 09.10.2020
Ursprünglich war es mein Plan, nun weiter nach Tanga zu fahren, um dort Heinrich zu parken und mit der Fähre nach Pemba überzusetzen. Leider hat das sichere Camp wegen Corona geschlossen und woanders ist es mir zu riskant, Heinrich eine Woche zu parken. Also weiter mit Ziel Moshi, am Fuß des Kilimanjaro. Vielleicht gibt es ja von hier aus Flüge nach Pemba. Auf dieser Strecke wurde ich sage und schreibe sechs Mal wegen Speeding angehalten und ein Mal wegen einer Drogenkontrolle. Das erste Mal spielte ich noch mit (siehe Video) und gab dem korrupten Polizisten 10.000 TSh (ca 4 Euro) cash for lunch, wofür er sich auch bedankte. Danach weigerte ich mich immer wieder beharrlich zu bezahlen und wurde auch langsam zornig. Ich schmiss den Cops an den Kopf, dass sie sich besser mit ihren Kollegen absprechen sollten und ich nicht für den Unterhalt der gesamten tansanischen Polizeitruppe zuständig sei. Zu guter Letzt half nur noch die Drohung mit den Aufnahmen der Dashcam, die per GPS auch die Geschwindigkeit aufzeichnet, zum nächsten Haedquarter zu fahren. Das kostete viel Zeit, aber bezahlt habe ich nicht mehr. Diese miesen Cops machen ihre Messungen immer mit einem Bild des Verkehrsschildes auf der anderen Fahrbahnseite. Nur da wo gemessen wird, gibt es kein Schild auf der befahrenen Seite. Deshalb können sie auch nie genau sagen, wo denn gemessen wurde. Jaaa, so 8-9 Kilometer vorher…. Wegelagerer in Uniform!
Nach Moshi habe ich es nicht mehr geschafft und musste irgendwo runter vom Highway und in die Pampa. Da sollte es ein Community Camp geben. Gabs nicht mehr. Umzingelt von neugierigen Kindern, Rindern und sehr freundlichen Massai-Hirten brachte ich auch diese Nacht herum.
Sa. 10.10.2020
Endlich in Moshi angekommen, klappte es beim dritten Versuch einen Stellplatz zu bekommen. Die ersten beiden waren geschlossen und die Weru Weru River Lodge ist eigentlich ein Hotel auf dessen Wiese ich für 15 Dollar/Nacht campieren darf. Es gibt heiße Duschen und Zelttoiletten, eine große Schar Gänse und drei Kamele, die mich neugierig beäugen. Etwas seltsam, aber auch lustig. Hier richtete ich mich erstmal ein und kontaktierte eine Agentur für Meru und Kili Besteigungen. Daniel kam ein paar Stunden später vorbei und wir einigten uns auf einen fairen Preis für beide Touren. Wir haben uns sofort gut verstanden und so verabredeten wir uns für den kommenden Vormittag zu einer Runde durch Moshi, weil die Tour auf den Mt Meru erst am Montag beginnt.
So. 11.10.2020
Moshi, normalerweise bevölkert von Trekkingtouristen und Backpackern, zeiget sich mir als sehr beschauliches Städtchen mit wenig Verkehr und gar keinen Touristen. Wir wanderten über das alte Bahngelände aus der Kolonialzeit, besichtigten die blitzsaubere Universitätsklinik, tranken ein Bierchen mit Aussicht auf den Kibo und stärkten uns schließlich in einer Ziegengrillerei. Natürlich wird auch hier mit den Händen gegessen, weshalb vor der Mahlzeit ein Kellner mit Wasser und Seife an den Tisch kommt. Die Portion Ziege sah nicht besonders appetitlich aus, schmeckte aber vorzüglich. So etwas gefällt mir viel besser als ein westliches Restaurant. Den restlichen Tag verbrachte ich damit meine Sachen für die Wanderung vorzubereiten und zu packen. Ich durfte nur 7Kilogramm an Gepäck mitnehmen, weil die Träger jeweils nur 20 Kilogramm tragen dürfen, und ich sonst einen weiteren Porter bezahlen müsste. Drei Porter, ein Guide und ein Koch sind ja schon stattlich für so ein bisschen Bergsteigen. Das ist das Minumum und Teil der tansanischen Beschäftigungspolitik.
Mo. 12.10.2020
Um 9.30 Uhr wurde ich mit einem Minibus abgeholt. Auf der Fahrt zum Gate des Arusha NP sammelten wir die Crewmitglieder ein. Ein Schild am Gate listet die diversen Gebühren für einen Parkbesuch auf. Das ist der pure Wahnsinn, wie man in diesem Land von staatlicher Seite als Tourist ausgenommen wird. Ich wunderte mich schon, warum ich fast zwei Stunden warten musste, bis es endlich losging, als endlich ein Ranger kam und ich einer Gruppe, bestehend aus Mama, Papa und drei Kindern zugeteilt wurde. Da hatte ich den Salat. Ich hatte extra eine private Tour gebucht und nun muss ich mich dieser Gruppe anschließen, weil nicht genug Ranger da sind, um mir einen eigenen mitzuschicken. Ein Ranger muss aber mit, weil wir durch einen NP mit wilden Tieren wandern. Wie erwartet kam die Familie nicht vom Fleck und ich hatte überhaupt keine Lust mehr im Schneckentempo spazieren zu gehen. Wie sollte das denn während der Gipfeletappe werden. Die Kids und die Mutti schaffen das niemals. Ich sprach mit meinem Guide und sagte ihm, dass wir jetzt eine Lösung finden müssen, da ich ansonsten umkehren würde. Schließlich konnten wir uns für diesen Tag einer Gruppe Schweizer anschließen, die etwas zügiger unterwegs waren und die nächsten Tage sollten wir dann alleine gehen dürfen. Na also, geht doch. Der Weg war nicht besonders schön, weil teilweise Gravelroad, teilweise betonierte Streifen. Eine positive Überraschung war das Camp. Es gab richtige Hütten mit Zimmern zu jeweils 2 Stockbetten. Sauber und ordentliche Matratzen. Ich bekam sogar ein Zimmer für mich alleine. Duschen gab es zwar keine, aber eine Schüssel mit warmem Wasser reicht bei so einer Tour vollkommen aus. Der Koch legte sich ins Zeug und es gab Unmengen zu Essen.
Di. 13.10.2020
Der Sonnenaufgang war gigantisch! Wir befanden uns ja schon auf einer Höhe von 2500 Metern und konnten den Kilimanjaro aus einem Meer aus Wolken aufragen sehen. Mit Blick zur anderen Seite kann man das Ziel unserer kleinen Expedition, den Mt Meru sehen. Sieht ganz schön hoch und weit weg aus. Heute waren etwa 1100 Höhenmeter zu bewältigen. Der Weg führte auf Serpentinen steil bergan. Von den Ästen hingen graue Bärte herab und die frühe Sonne strahlte durch den knorrigen Zauberwald. Immer wieder hatte man tolle Ausblicke auf Little Meru, Mt Meru und Kibo. Eine wörtlich atemberaubende Etappe, da man hier auch schon die dünner werdende Luft bemerkt. Hauptsache sehr viel trinken, mindestens 5 Liter pro Tag, dann bekommt man wenigstens kein Kopfweh oder andere Symptome beginnender Höhenkrankheit. Das zweite Camp auf ca 3500 Metern erreichten wir schon gegen Mittag, gut eine Stunde vor der nächsten Gruppe. Nach dem Lunch und einem Nickerchen stiegen wir noch die 300 Meter auf den Little Meru und wieder zurück ins Camp um uns zu akklimatisieren. Von diesem Gipfel aus sieht man ziemlich genau, was einem bevorsteht.
Mi 14.10.2020
0.00 Uhr Aufstehen, 1.00 Uhr Abmarsch. Es ist frisch geworden, also Fleecehose unter der Trekkinghose, dickes Merinohemd, Fleecepulli und Daunenjacke tragen. Handschuhe und Mütze braucht es auch bei ca 8 Grad unter Null. Leider kommen wir erst 20 Minuten nach der ersten Gruppe los. Ich wäre gerne als erster am Gipfel um ordentliche Fotos machen zu können. Im Schein der Stirnlampen marschieren wir über nicht enden wollende Serpentinen durch die letzte Vegetation steil nach oben. Kurz darauf überholen wir die erste Gruppe. Nun folgt eine Querung über Lavagestein die mit Ketten zum Festhalten gesichert ist. Kein gutes Gefühl, wenn man nicht sehen kann, wie tief es da runter geht, also lieber langsam und bedacht einen Fuß vor den anderen setzen. Jetzt merke ich auch die Höhe etwas. Die typischen Nackenschmerzen, wo der Rucksack drückt beginnen und durch den geringen Luftdruck grummelt es im Bauch und man bekommt Blähungen. Weiter geht es über sandigen Untergrund immer ein Schritt vorwärts, einen zurückgerutscht. Das kostet Kraft. Endlich sind es nur noch 200 Höhenmeter zum Gipfel und da fängt die Kraxelei an. Steil klettert der Pfad über Felsblöcke nach oben, bis es endlich nicht weiter hinauf geht. 4 Stunden, 45 Minuten haben wir für den Aufstieg gebraucht und sind schon kurz vor Sonnenaufgang am 4566 Meter hohen Gipfel. Der Ausblick ist unbeschreiblich! Ihr schaut Euch deshalb am besten die Bilder an und urteilt selber. Wir blieben eine halbe Stunde und genossen die unwirkliche Szenerie, bis wir uns mit einem Blick auf mein nächstes Ziel vom Gipfel verabschiedeten und uns auf den Rückweg machten. Klingt zwar doof und ein bisschen überheblich, war aber trotzdem ein gutes Gefühl schon wieder am Abstieg zu sein, während andere noch eine halbe Stunde vor dem Gipfel sind. Während dem Rückweg konnte ich die Mondlandschaft bestaunen, die wir in der Nacht durchstiegen haben. Man hat auch tatsächlich Augen dafür, weil sich der Körper an die Höhe gewöhnt hat und man mit jedem Meter nach unten wieder mehr Sauerstoff bekommt. Das wirkt wie Doping. Nach einem Mittagsschläfchen gab es auf der Hütte ein deftiges Essen und anschließend stiegen wir noch 2,5 Stunden bis auf 2500 m ab. Das hat dann nicht mehr so viel Spaß gemacht, weil es konstant steil bergab ging und meine Zehen langsam anfingen zu schmerzen. Ich fürchte, nach dem Kili sehen meine Füße aus wie eine Klaviatur – immer mal ne schwarze Taste dazwischen.
Do. 15.10.2020
Nach dem Frühstück war es Zeit die Trinkgelder zu verteilen. Es wird hier nämlich erwartet, das man neben den saftigen Parkgebühren und dem Lohn für die Porter etc jedem Expeditionsmitglied ein ordentliches Trinkgeld gibt. Das muss man vorher wissen, sonst sprengt das die Kasse. Für diese kleine Mannschaft bezahlte ich 270 Dollar an Tips, was angemessen und fair ist, wenn man bedenkt, dass ein Träger nur 8 Dollar Lohn pro Tag bekommt. Von der Miriakambahütte aus waren es nur noch 3 Stunden bis zum Gate. Die letzten 3 Kilometer waren nochmal ein Highlight, als wir erst an einem tollen Wasserfall vorbei kamen und schließlich mitten durch eine Büffelherde wanderten. Die Tiere müssen Menschen gewöhnt sein, sonst hätten wir niemals in einem Abstand von vielleicht 10-15 Metern passieren können. Büffel sind sehr aggressive, wehrhafte Tiere und sogar Löwen haben großen Respekt vor ihnen. Auf den letzten Metern durften wir noch ein Giraffenbaby bestaunen. Das Kleine war gerade mal 4-5 Tage alt und hatte noch Blutreste hinter den Ohren.
Wieder zurück in Moshi gab ich im Hotel meine Wäsche ab und zog für die nächsten Tage in ein Zimmer. Nach so einer Wanderung ist es immer toll, wenn man sich ein richtiges Badezimmer und ein ordentliches Bett leisten kann.
Fr. 16.10.2020
Dieser Tag stand ganz im Zeichen der Erholung. Gut essen, viel schlafen, lesen und kleine Wehwehchen wie Blasen etc verpflegen. Ein bisschen Muskelkater habe ich schon. Am Nachmittag hatte ich noch Besprechung für die bevorstehende Tour auf den Kili und das wars auch schon. Morgen noch packen und dann werde ich versuchen, den Kio ein zweites Mal zu erklimmen. Freue mich schon wie Schnitzel!
Hallo Fredo, danke für die schönen Berichte und die beeindruckenden Bilder. Ich freue mich für Dich, dass Du so tolle Erlebnisse haben darfst. Ich gebe zu: ein bisschen neidisch bin ich schon.