// 10.01.2021 Swakopmund – Cape Cross – Dead Sea – Spitzkoppe – Erongo – Etosha NP – Grashoek Bushmen //
Di. 29.12.20
Heute war Zeit, um J. ein wenig Swakopmund zu zeigen. Leider hatte das nette, kleine Museum geschlossen, das unbedingt einen Besuch wert ist. Die Stadt ist voller Menschen und Autos. Hochsaison trotz Corona. Die Namibier kommen über die Feiertage und Sylvester aus dem heißen Landesinneren an die Küste. Am Strand zwischen Walfishbay und Swakop drängen sich die Bukkies (Pickups) und in den Restaurants und Kaffees muss man zusehen, dass man einen Platz bekommt. Viele Leute tragen zwar Maske, aber es käme niemand auf die Idee, jemanden anzuschnautzen, weil er seine Maske nicht richtig trägt, oder vergessen hat anzulegen. Nur die Sperrstunde um 21.00 Uhr, da muss man daheim sein, verändert etwas den normalen Lebensrhythmus.
Mi. 30.12.20
Ursprünglich wollten wir der Skeletoncoast einen extra Tag auf unserer Weiterfahrt widmen, aber wir hatten beide erstmal genug Wüste gesehen und entschieden uns deshalb für einen Halbtagesausflug. Wir besuchten das Wrack des 2008 in der Nähe von Henties Bay gestrandeten Fishtrawlers „Zella of Hangana“ und die Seehundkolonie bei Cape Cross. Schon bei dem Wrack wunderten wir uns über einige Seehundkadaver am Strand. In Cape Cross war der Grund für das Seehundsterben deutlich zu sehen. Überpopulation. Normalerweise wird jedes Jahr eine festgelegte Anzahl an Robben wegen ihrer Pelze gejagt (erschlagen). Das fiel heuer wegen Corona aus. Nun ist der Strand schwarz von Seehundbabies. Es bietet sich ein trauriges Bild. Überall liegen die Kadaver verendeter Tiere herum, weil es nicht genug Nahrung für so viele Tiere gibt. Die Szenerie wird begleitet von einem infernalischen Gestank nach Fäkalien und den bellenden Lauten der erwachsenen Tiere. Lange hielten wir es dort nicht aus. Weiter nach Norden fuhren wir nicht mehr, weil da außer dem Eingang zum Nationalpark mit der Aufschrift „Skeleton Coast“ und den zwei Totenköpfen nichts weiter zu sehen ist, was man nicht schon vorher gesehen hat. Angler, die die Küste belagern, sehen das sicher ganz anders. 😉 Auf dem Rückweg nach Swakopmund unternahmen wir noch einen Abstecher zum „Dead Sea Swimhole“. Ich war selbst noch nicht dort gewesen und hatte keinerlei Vorstellung davon, was uns da 17 Kilometer im Inneren der kargen Wüste erwarten könnte. Über eine sandige und holprige Piste fuhren wir direkt ins Nirgendwo. Ab und zu kamen Schilder ohne Beschriftung. Wir konnten der Versuchung nicht widerstehen, zumindest Eines davon zu verschönern. Auf einmal tauchten hinter einem Hügel diverse Autos und Menschen in Badeklamotten auf. Wir hielten also an und sahen zu unserem Erstaunen ein tiefes Loch im Boden, gefüllt mit grünem Wasser und einer Art Rampe nach unten. Eine ehemalige Mine. Selbstverständlich musste ich persönlich überprüfen, ob das Wasser wirklich so salzhaltig ist wie das Tote Meer. Es ist der Wahnsinn! Keine Chance für Brustschwimmer – es zieht einem die Beine zu sehr nach oben. Man liegt oder sitzt im Wasser, streckt Arme und Beine von sich und sinkt nicht. Man kann hier gemütlich, im Wasser liegend, ein Buch lesen. Was für ein Heidenspaß, und das mitten in der Wüste! Der Abstecher hat sich jedenfalls gelohnt. Abends waren wir bei unseren Gastgebern zu einem sensationellen Braai eingeladen. Es ist immer eine Freude, sich mit so weltoffenen, interessanten Leuten wie Sibylle und Frenus zu unterhalten.
Do. 31.12.20
Es wurde Zeit, Swakopmund zu verlassen, um unseren Platz für den Jahreswechsel aufzusuchen. Der Platz unserer Wahl war die Spitzkoppe, wegen ihrem legendären Sonnenuntergang. Wir kamen schon kurz nach Mittag an und bekamen tatsächlich noch meine erhoffte Wunschcampsite. Nachdem wir den Platz mit Tisch und Stühlen reserviert hatten fuhren wir noch zum Bushmans Paradise, einem Felsmassiv mit Höhlen und alten Felsmalereien der Buschleute. Der Aufstieg beginnt an einem steilen Granitfelsen, der mit einer Kette als Aufstiegshilfe versehen ist. Seit Neuestem darf man nicht mehr allein hinauf, sondern muss einen Guide mitnehmen, der am Einstieg bereitsteht und im Parkeintritt inbegriffen ist. Im ersten Moment war ich davon etwas angenervt. Ich wollte kein Anhängsel dabeihaben. Gideon entpuppte sich jedoch als sehr diskret und unaufdringlich. Beim Anblick der ersten Felszeichnungen, die durch Vandalismus beschädigt waren, war uns klar, warum niemand mehr alleine hier hindarf. Es tat mir leid, dass ich so distanziert zu unserem Guide war, und sagte ihm, dass mir seine Pflichtanwesenheit nun einleuchte. Daraufhin erklärte er uns viele interessante Details über das Leben der Buschleute in dieser Gegend und führte uns über einen Trail zurück zum Auto, den wir niemals allein gefunden hätten. Gideons engagierter Vortrag und die Tour verdienten ein ordentliches Trinkgeld, worüber er sich sehr freute. Für uns wurde es Zeit unser Gulasch zu kochen, um eine vernünftige Unterlage für unsere Privatparty zu schaffen. Kurz nach dem Essen genossen wir unseren Sundowner auf einem der roten Felsen. An diesem Flecken immer ein besonderes Erlebnis! Wir hatten nicht damit gerechnet um 0.00 Uhr noch wach zu sein, jedoch hatten wir viel Spaß daran unser Feuer zu schüren, Wein und Bubbli zu trinken und dazu Oliven, Käsewürfel, Biltong und Chips zu naschen. Tatsächlich erlebten wir einen einmaligen Jahreswechsel.
Fr. 01.01.21
Bis in die Erongo Berge war es gar nicht so weit. Der sehr holperige Weg am Ende der Strecke zog sich jedoch wie Kaugummi. Endlich kamen wir im wunderbaren Omukutu Camp von Hannes an. Mitten im Nirgendwo der Berge hat Hannes mit viel Liebe zum Detail eine kleine Oase errichtet. Das Bad lässt jedes Frauenherz höherschlagen. So etwas erwartet man nicht im Bush. Wir nahmen sofort den Donkey-Ofen für eine herrliche heiße Dusche in Betrieb und richteten uns gemütlich ein. Das Camp ist auch für Gruppen geeignet und muss normalerweise für mindestens zwei Nächte gebucht werden. Hannes den Eigentümer habe ich leider nie persönlich getroffen. Wir kommunizieren immer nur per WhatsApp. (Ich gebe seinen Kontakt auf Nachfrage gerne weiter) Er muss ein außergewöhnlicher, kreativer und handwerklich versierter Mann sein, um so einen Ort zu schaffen.
Sa. 02.01.21
In der Nacht hatte es schon etwas geregnet und am Morgen starteten wir ohne großes Frühstück bei trübem Wetter Richtung Etosha NP. Unterwegs vervollständigten wir unsere Vorräte und pausierten bei Kaffee und Kuchen in einem deutschen Lokal in Outjo. Je weiter wir nach Norden kamen, desto besser wurde das Wetter. Nur ein paar Kilometer vor dem NP Gate von Okaukueio fanden wir ein fast neues Camp (Etosha Trading Post Handelshuis) mit Tankstelle, Shop, Pool, privaten Sanitäranlagen pro Campsite und einem Wasserloch. Hier übernachteten wir, um uns die Parkgebühren und die teurere Übernachtung im NP zu sparen.
So. 03.01.21
Noch im Dunkeln packten wir zusammen und waren um Punkt 6.00 Uhr am Gate. Weit und breit niemand zu sehen. Endlich, gegen 6.30 Uhr schlurften die Angestellten noch schlaftrunken zu ihrem Kassenkabuff. Die unterschiedliche Motivation und Arbeitsmoral in privat geführten Geschäften und bei staatlichen Institutionen ist mehr als auffällig. Das ist besonders ärgerlich, wenn man extra früh aufgestanden ist, um die beste Zeit für Tiersichtungen, den frühen Morgen, zu nutzen.
Wir fuhren nach Westen, weil dort das Wetter besser sein sollte. Noch nie habe ich den Etosha so grün gesehen. So schön das anzusehen ist, erschwert das frische Laub Tiersichtungen. Wir sahen die üblichen Gazellenarten und irgendwann fanden wir in größerem Abstand auch ein paar Löwen. Später hatten wir Glück und wurden Zeuge eines Kampfes unter Zebras. Ein außergewöhnlich energisches Schauspiel. An einem Wasserloch trafen wir auf eine große Herde Elefanten mit Nachwuchs, die mit Hingabe das Rohrsystem des Wasserlochs ausgruben und in Einzelteile zerlegten. Einige der grauen Riesen überstiegen sogar die Mauer zum Pumpenhaus, um an das frischeste Wasser zu kommen. Der Weg zurück aus der Umfriedung war scheinbar nicht so einfach, denn sie scheiterten immer wieder daran und versuchten es immer noch als wir wieder aufbrachen. Im Äußersten Westen des Parks, am Wasserloch des Dolomite Camps kamen wir zum Höhepunkt des Tages. Ein extrem seltenes schwarzes Nashorn! Genau das hatte sich Jasim gewünscht. Ein Nashorn hatte sie noch nie gesehen. Anschließend machten wir uns auf den Rückweg zum Okaukueio Camp, das ungefähr in der Mitte des langgezogenen NPs liegt. Neun Stunden Game Drive reichen.
Mo. 04.01.21
Heute war der Osten dran. Bei Sonnenaufgang waren wir auf der Piste und fuhren durch blühende Kameldornwälder, der bevorzugte Aufenthaltsort für Nashörner. Wir hatten Glück. Schon zu Beginn der Safari erspähten wir zwei weiße Nashörner beim Grasen. Eines davon bemerkte uns und schnupperte in unsere Richtung. Sieht lustig aus, wenn es das Schnäutzchen wie zum Kuss spitzt. Auf dem weiteren Weg begegneten uns noch zwei weitere weiße Nashörner bei Wasserlöchern. Eines davon machte uns die Freude und stand nicht nur herum. Wir durften es in Bewegung beobachten und schließlich trabte es direkt vor uns über den Weg. Ein großartiges Erlebnis diese Kolosse aus nächster Nähe zu sehen. Nach einer endlosen Fahrt am Rand der endlosen Etoshapfanne und durch dicht belaubte Mopanewälder verließen wir den Park über das östliche Gate Namutoni. Wir hatten keine Lust mehr auf Autofahren und suchten nach einem Camp möglichst kurz hinter dem Gate. Ein Camp, das uns gut gefallen hätte, rief jedoch so unverschämte Preise auf, fast doppelt soviel wie direkt im Park, dass wir beschlossen doch noch bis Tsumeb zu fahren. Auf dieser Strecke gibt es weiter keine Camps. In Tsumeb wurden wir fündig und schlugen unser Lager im Kupferquelle Resort und Camp auf. Das ist ein prima Platz mit ebenen Grasflächen, Strom- und Wasseranschluß, Braai und fast schon luxuriösen Ablutions zu einem sehr fairen Preis. Wir kochten uns ein deftiges Chili con Carne und feierten Jasmins Geburtstag am Lagerfeuer.
Di. 05.01.21
Über Nacht fiel wieder jede Menge Regen, so dass die Gravelroad zum Hoba-Meteoriten ziemlich matschig war. Für Heinrich und uns kein Problem, wenn es mal wieder dreckig wird. Der metallene Klumpen wiegt ca 55 Tonnen und ist der größte bisher entdeckte Meteorit der Erde. Muss ganz schön gescheppert haben, als er vor 80.000 Jahren hier einschlug. Nach diesem kleinen Abstecher fuhren wir über Grootfontein nach Grashook, zu meinen Bushmannfreunden, den Ju Hoansi-San. Sie hatten Heinrich schon beim Vorbeifahren, auf dem Weg zur Rezeption, gesehen. Die Rezeption ist ein großer Baum im Dorfzentrum, wo sich Touristen anmelden müssen, wenn sie auf einer der drei Community-Campsites übernachten, oder einen Bushwalk machen möchten. Aus allen Ecken kamen die Bushmen und zu meiner großen Freude waren auch meine Freunde N’Gau und Hendrik unter ihnen. Es gab ein herzliches Wiedersehen. Für den Nachmittag vereinbarten wir einen „offiziellen“ Bushwalk, um etwas Geld in die leere Kasse der Dorfgemeinschaft einzubringen. Sie hatten seit Monaten keine Gäste mehr. Das ist schlimm, weil das die einzigen Einkünfte des Dorfes sind, um zB Diesel für die Wasserpumpe zu kaufen. Die Menschen haben Hunger und müssen sich von dem ernähren, was der Bush hervorbringt. Nach dem Bushwalk, mit der üblichen Vorstellung des Feuermachens mit Stöcken etc verabredeten wir uns für den Abend mit N’Gau und Hendrik zu einem Bier. Es war schön, sich mit diesen so freundlichen Menschen am Lagerfeuer zu unterhalten. Hierbei erfuhren wir, dass N’Gau vor vielen Jahren bei dem Film „Die Götter müssen verrückt sein“ mitgespielt hatte. Er war es, dem die Colaflasche aus dem Flugzeug vor die Füße fiel. Zufälle gibt es …Heinrich H
Mi. 06.01.21.
Am Morgen holten uns unsere Freunde ab, um zuerst einen Rundgang durch das „moderne“ Dorf zu machen und dann gemeinsam im Bush nach Nahrung zu suchen. Obwohl ich schon einige Zeit mit den San verbracht hatte erfuhr ich dennoch viel Neues, da zu dieser Jahreszeit andere Pflanzen wachsen. Die beiden sammelten essbare Raupen und Käfer, tulpenähnliche Blätter und Buschkartoffeln. Sie zeigten uns wie man eine Wasserknolle findet, ausgräbt und benutzt. In der stechenden Hitze war das richtig anstrengend. Zum Schluss sollten wir das letzte Stück Weg, zurück zum Camp, selbst finden. Kein Problem mit meiner GPS-Uhr mit Afrikakarte und allem Schnickschnack. Die Buschleute waren so fasziniert von dem Gerät, dass sie davon dem ganzen Dorf erzählten und ich es allen zeigen musste. Wir entschieden uns, noch etwas Geld für die Dorfkasse zu generieren, indem wir darum baten, dass uns am Nachmittag ihre Gesänge und Tänze vorgeführt werden. Die ersten Tänze waren wohl das übliche Touristenprogramm, am Ende folgte jedoch eine Art Zeremonie, in deren Verlauf sich N’Gau in Trance tanzte und die Dörfler und uns mit einem Harz an den Schläfen und den Füßen betupfte. Er bat die Vorfahren dabei um Gesundheit und dass unsere Füße nie müde werden mögen. Für mich war es ein ergreifender Moment. Ich glaube nicht, dass das eine Show war. Durch die Anwesenheit J.s war ich nicht ständig im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und konnte ungestört einige authentische Portraits von den San machen. Eine seltene Gelegenheit. Jasmins Tattoo erregte Ihre Aufmerksamkeit. Jeder zupfte an ihren Klamotten herum um das Körperbild besser betrachten und berühren zu können. In unserer Kultur ein unmöglicher Vorgang, hier ist das ganz normal. Ich habe mich köstlich amüsiert!
Nachdem die Dörfler sich zerstreut hatten verabschiedeten sich N’Gau und Hendrik von uns, weil wir am nächsten Morgen sehr früh abreisen wollten. Es war ein herzlicher Abschied und ich hoffe die beiden noch einmal zu treffen.
Do. 07.01.21 – Sa. 09.01.21
Unsere Reise nährte sich dem Ende. Noch knapp 650 Kilometer auf guter Straße bis nach Windhoek. Es war ein reiner Fahrtag bis nach Otjiwarongo, wo wir uns ein Chalet in einer Anlage nahmen. Nach zwei Tagen ohne Dusche wollten wir mal wieder eine saubere Unterkunft mit Pool genießen. Am Freitag fuhren wir bis kurz vor den Flughafen, wo wir ebenfalls in einem Zimmer übernachteten und Samstag früh brachte ich J. zu ihrem Rückflug mit Ethiopian Airlines. Wir haben wunderbare, erlebnisreiche drei Wochen Tag und Nacht auf engstem Raum verbracht und haben nie miteinander gestritten oder uns angeschnauzt. Das ist nicht selbstverständlich! Ich habe es sehr genossen, diese Erlebnisse mit J. direkt und in Farbe teilen zu können und nicht nur über diesen Blog. Es ist schön allein zu reisen, aber auf Dauer macht es zu zweit viel mehr Spaß. Es war richtig komisch, allein wieder in Heinrich zu steigen, nach Windhuk zu fahren und die Zeit in Joes Bierhaus totzuschlagen. J. fehlte mir schon direkt nach dem Abschied. Nachmittags fuhr ich zur Airport Gamefarm, die direkt an das Flughafengelände angrenzt. Die Inhaber erwarteten mich bereits und wir tauschten sogleich Neuigkeiten aus. Das letzte Mal war ich vor zwei Jahren hier. Ich hatte noch jede Menge zu packen, weil ich diesmal sowohl mein Tauchequipment als auch die Bergsachen mit nachhause nehmen wollte. Da kommt ne Menge zusammen.
So. 10.01.21
Nach zehnstündigem Flug mit Maske, neben einer griesgrämigen Schabracke, die kein Wort mit mir wechselte oder auch nur meinen Gruß erwidert hätte und richtig schäbigem Bordessen, landete ich am Abend im kalten Deutschland mit seinem Lockdown, Quarantäne und dem ganzen Programm. Ich freue mich schon jetzt darauf, wenn es weitergeht mit Heinrich und unserer Weltreise. Bis dann, dann!
Hallo Wredo. Schön, dass Du wieder da bist. Hab Dich heute im FT gesehen und komme die nächsten Tage mal an Deinem Fensterchen vorbei. Bis dann. Marianne